Hello! Im Schuljahr 2021/22 habe ich 10 Monate an der Westküste Kanadas gelebt und dabei unglaublich vieles erlebt und gelernt. Mithilfe meiner Erfahrungen möchte ich dir zeigen, wie so ein Auslandsaufenthalt aussehen kann und wie schön es ist, ein neues Land so intensiv kennenlernen zu können.
Gelebt habe ich in dem kleinen Strandstädtchen Parksville auf Vancouver Island. Dort besuchte ich die 11. Klasse der Ballenas Secondary School. Unter den vielen einzigartigen und wunderschönen Erlebnissen war eines meiner größten Highlights, dass ich in einem Outdoor-Leadership-Programm meiner Schule aufgenommen wurde, welches im zweiten Halbjahr stattfand. Für uns 20 Schülerinnen und Schüler bestand dabei unsere Schule für fünf Monate aus Skifahren, Surfen, Raften, Kayaken, Seakayaken, Mountainbiken und Klettern. Neben all den Outdoor-Aktivitäten hatten wir die Möglichkeit, durch viele spannende und bereichernde Kurse wie einen zweiwöchigen Erste-Hilfe-Kurs, einen Lawinenrettungskurs, einen zweiwöchigen Rettungsschwimmerkurs, einen Jagd-Kurs, einen Firefighting-Kurs und einen Raft-Guide-Kurs und Fähigkeiten anzueignen, die fürs Leben total hilfreich sind und die man normalerweise in der Schule nicht lernt. Mein zweites großes Glück war, dass ich bei den super netten Familien der zwei Lehrer, die dieses Programm leiten, wohnen durfte. So habe ich die erste Hälfte meines Auslandsjahres bei der einen Familie verbracht und die zweite Hälfte bei der anderen. Bei beiden habe ich mich total glücklich und aufgehoben gefühlt.
Nach langer Planung und Vorbereitung mit Southern Cross stieg ich am 28. August 2021 ins Flugzeug und das Abenteuer konnte endlich beginnen. Nach 24- stündiger Reise kam ich müde aber glücklich auf Vancouver Island an. Am Flughafen nahm mich meine erste Gastfamilie herzlich in Empfang. Diese bestand neben meinen liebevollen Gasteltern aus einem japanischen Gastbruder und drei Geschwistern, die zwar alle schon über 18 waren, aber noch oft zu Besuch kamen. Daneben sorgten die Hühner, Katzen und vor allem die beiden Hunde dafür, dass es nie langweilig wurde. Zusammen mit meiner Gastfamilie habe ich im Camping-Bus die Insel bereist und die Mountainbiketrails, Wanderrouten und Skigebiete in der Umgebung kennengelernt. Dazu haben mich herzliche Familienfeste wie Thanksgiving, Weihnachten und Ostern und viele lustige Spielabende Teil der Familie werden lassen.
Das erste Halbjahr wurde ich jeden Morgen um 8 Uhr von einem gelben Schulbus zur Schule gebracht und mittags um 3 Uhr wieder nach Hause gefahren. Das kanadische Schulsystem ist sehr anders als das deutsche. So hatte ich vier Kurse, die jeden Tag auf dem Stundenplan standen und die ich frei wählen durfte. Diese waren bei mir English, PE, Foods und Physics 12. In den Klassenräumen herrschte immer eine lockere Atmosphäre, was eine neue und total schöne Erfahrung für mich war. Aktivitäten wie Sport-Clubs und Musik-Gruppen finden in Kanada hauptsächlich in der Schule statt und daneben gibt es unzählige AGs. So wurde ich im Fußball und Leichtathletik Team aufgenommen und habe in der Concert-Band und Jazz-Band gespielt. Der Teamspirit war dabei wirklich beeindruckend - dieses Highschool-Klischee ist tatsächlich wahr. Durch Ausflüge mit den anderen internationalen Schülern meiner High School durfte ich Städte wie Victoria (die Provinzhauptstadt) und Vancouver besichtigen, Whale Watching gehen und bei einem großen Eishockeyspiel dabei sein. Da Eishockey die kanadische Nationalsportart ist, konnten fast alle aus meiner Schule Schlittschuh laufen und viele haben in einem Hockey-Team gespielt. Auch ich war einige male Schlittschuhlaufen. Doch am meisten Spaß machte es, Freunden bei ihren Spielen zuzuschauen und sie anzufeuern.
Über Weihnachten kam mich meine Familie aus Deutschland besuchen und wir haben zusammen mit meiner Gastfamilie schneereiche Weihnachten gefeiert. Dabei habe ich viele neue Traditionen kennengelernt. Zum Beispiel ist der wichtigste Tag in Kanada nicht der 24., sondern der 25. Dezember. Außerdem habe ich das traditionelle Weihnachtsessen kennengelernt mit ein paar interessanten und wirklich leckeren Kreationen wie Süßkartoffelpüree mit Marshmallows oder Kürbiskuchen.
Die Natur Kanadas war unglaublich beeindruckend. Den wunderschönen Ausblick beim Skifahren im Winter mit dem Tiefschnee unter meinen Skiern, dem blauen Meer vor mir und den verschneiten Bergspitzen der Rocky Mountains dahinter werde ich nie vergessen.
Im Februar habe ich zum einen gespannt und freudig, zum anderen aber auch etwas traurig meine erste Gastfamilie verlassen und zu meiner zweiten Gastfamilie gewechselt. Diese lebte nicht weit entfernt auf einer Farm mit Schafen, Hühnern und ebenfalls zwei Hunden. Dort hatte ich zwei kleine liebenswerte Gastgeschwister, der eine 6 Jahre alt und die andere 4. Von Gutenachtgeschichten Lesen über gemeinsames Backen, Skifahren, Schwimmen und Workouts mit meiner super sportlichen Gastmutter war ich hier immer beschäftigt.
Und dann hat auch das Outdoor-Programm endlich so richtig angefangen. Jeden Tag waren wir von morgens bis abends an den unterschiedlichsten Orten unterwegs - auf schneebedeckten Bergen mit wunderschönem Ausblick, zwischen kleinen Inseln auf dem blauen Meer, in abgelegenen Flüssen inmitten des dichten Waldes, von schäumenden Wellen umgeben und an rauen Felswänden. Das war sehr intensiv und natürlich auch anstrengend. Aber es war eine unglaublich tolle Erfahrung und eine Art zu lernen, die total Spaß machte und bei der man gerne auch schon um 6 Uhr an der Schule stand um die Rafts auf den Anhänger zu stapeln und den nächsten Trip vorzubereiten. Besonders erlebnisreich waren unsere mehrtägigen Camping-Trips: Tiefschneefahren in einem Skigebiet an der US-Grenze, Klettern an den Felsen von Squamish, Surfen in Tofino, einem traumhaft schönen und idyllischen Strandort und Orcas vorbei schwimmen sehen, kurz nachdem wir unsere Seakayaks aus dem Wasser gezogen hatten.
An meinem Geburtstag hatte ich das Glück, auf einem Mountainbike-Trip die steinigen Mountainbiketrails auf Hornby Island runterzufahren und dabei den atemberaubenden Blick auf Vancouver Island vor Augen zu haben. Diese vielen Aktivitäten und Herausforderungen haben die gesamte Gruppe eng zusammengeschweißt und Freundschaften fürs Leben entwickelt. Das hat den Abschied am Ende meines Aufenthaltes nicht gerade erleichtert. Doch davor durfte ich noch den Canada Day am 1. Juli erleben und beim Prom dabei sein, dem berühmten Abschluss einer High School. Am 2. Juli stieg ich dann nicht nur mit einem weiteren Koffer voller Gepäck, sondern auch mit einem riesigen Koffer voll wunderschöner Erinnerungen in das Flugzeug um mich auf den Rückweg nach Deutschland zu machen